Mentale Gesundheit,  Sport,  Yoga

Yoga With Adriene – oder warum Adriene auch deine beste virtuelle Freundin werden sollte

Es ist schon einige Jahre her, dass ich auf YouTube über Adriene Mishler und ihren Kanal „Yoga With Adriene“ gestolpert bin. Erstaunlicherweise ist sie in Deutschland nicht so bekannt wie ich dachte, denn YWA ist quasi die Mutter aller Yoga-Kanäle. Als eine der ersten startete Adriene vor bereits 10 Jahren ihren Yoga-Kanal, den sie zusammen mit ihrem Business-Partner aufgebaut hat, um Yoga so vielen Menschen wie möglich und umsonst zugänglich zu machen. Zu diesem Zeitpunkt gab es kaum Yoga-Videos, geschweige irgendwelche Fitness-Influencer und man wusste noch nicht so richtig, ob und wie sich YouTube überhaupt monetarisieren lässt. Was zunächst als eine Art Experiment startete ist heute zu einem der größten, inklusivsten und vor allem besten englischsprachigen Yoga-Channels weltweit gewachsen. Adriene hat auf YouTube (Stand Januar 2023) stolze 11,7 Millionen Abonnenten, 662 Videos online und zurecht unglaubliche 1.256.167.329 Views.

Adriene ist meine beste virtuelle Freundin

Ich weiß nicht mehr genau wann und wie ich Adriene entdeckt habe. Vermutlich habe ich wie Millionen andere Menschen auf YouTube nach einem Yoga-Video gesucht. Natürlich hatte Adriene einen entscheidenden Vorteil, eine der Ersten zu sein, die das Potential von YouTube erkannt hatte und dadurch stetig wachsen konnte. Aber das alleine erklärt nicht, warum sie so erfolgreich und auch nach 10 Jahren immer noch DER Yoga-Kanal schlechthin auf YouTube ist und weltweit so sehr geliebt wird.

Meiner Meinung nach ist es Adrienes unaufgeregte, authentische und inklusive Art Yoga zu unterrichten, die sie so beliebt und erfolgreich macht. Man merkt, dass sie Yoga liebt und lebt und so viele Menschen wie möglich mit ihren Videos erreichen und ebenfalls für Yoga begeistern möchte. Deshalb wird man keine zu spirituellen, esoterisch verschrobenen Aussagen in ihren Videos finden, da sich die breite Masse eher weniger für die, von manchen Yogis sehr überstrapazierte Philosophie hinter Yoga, sondern mehr für die korrekte Anleitung der Asanas interessiert. Adriene ist statt einem überhöhten Guru eine von uns. Eine natürlich schöne, warmherzige und empathische junge Frau, die sich selbst nie zu ernst nimmt, ihre Zuschauer aber umso mehr. Man weiß, Adriene kann wesentlich mehr auf der Matte als den „Herabschauenden Hund“, aber sie will wirklich jeden mitnehmen und niemanden überfordern. Deshalb wird es in ihren Videos keine akrobatischsten Verrenkungen geben, die nur Profis können. Jeder ist willkommen, egal ob jung oder alt, Anfänger oder Super-Yogi, ultra-fit oder mit körperlichen Einschränkungen, Adriene bietet für jeden die Möglichkeit Teil einer positiven, sich gegenseitig unterstützenden Gemeinschaft zu sein.

Adriene hat zudem eine angenehm warme, etwas tiefere Stimme, die es einem einfach macht sich Yoga auf die Asanas zu konzentrieren und sich völlig zu entspannen. Auch wenn manche Videos von ihr etwas herausfordernder sind, will Adriene immer Spaß und Freude vermitteln und kann es hin und wieder nicht lassen schlechte Dad-Jokes zu machen. Ihren Sinn für Humor mögen manchen Yoga-Puristen unangebracht finden, ich finde es lockert die Stunde auf und macht sie nur umso sympathischer. Auch ihr „Assistent“ Benji – ihr Hund, der zu 99% der Videos entspannt neben ihrer Matte liegt und schläft – mag manchen unprofessionell erscheinen. Aber ich finde Benji spiegelt sehr gut wieder, wie man sich während und nach einer Stunde mit Adriene fühlt. Tiefenentspannt und glücklich.

Adrienes Mantra ist „Find What Feels Good“ – kurzgefasst FWFG und bedeutet, dass jeder Yogi vor dem Bildschirm die Posen so ausführen sollte, wie sie sich in exakt diesem Moment für einen selbst gut anfühlen. Ein wahnsinnig weiser Rat, denn Yoga hat mich gelehrt, dass die Tagesform unglaublich schwankend ist. An einem Tag geht eine Seite besser als die andere, an einem anderen Tag hat man eine tolle Balance und manchmal klappt einfach gar nichts. Aber das ist ok. Das ist Yoga.

Zusammengefasst gibt Adriene gibt einem einfach sehr schnell das Gefühl, die beste Freundin oder große Schwester zu sein, die einen sicher und empathisch durch die Yoga-Stunde und manchmal sogar durch eine schwierige Lebensphase begleitet. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich an einem wirklich schlimmen Tag ein „Yoga for Depression“ Video von ihr gefunden und mich damit regelrecht auf die Matte gezwungen habe. Das erste Mal in meinem Leben kamen mir während dem Yoga die Tränen. Natürlich kann auch Adriene keine Wunder vollbringen, aber irgendwie hatte ihre Stimme etwas unglaublich tröstliches und sie hat mir in diesem Moment zumindest ein bisschen geholfen. Da war sie wieder, meine beste virtuelle Freundin Adriene.

Ich bin mir sicher es gibt zig-tausende solcher Geschichten und Momente, die Menschen weltweit mit Adriene erlebt haben. Auch deshalb liebe ich sie, weil ich mir sicher bin, dass sie das Leben von sehr vielen Menschen nachhaltig positiv beeinflusst, verbessert oder sogar komplett verändert hat. Auch ich habe Adriene unglaublich viel zu verdanken und von ihr gelernt. Ihr Yoga-Stil prägt meine Yoga-Stunden sehr und wenn ich virtuellen Rat von ihr brauche, klicke ich, ganz nach dem Motto „What would Adriene do?“ auf ihren Kanal und finde immer eine Lösung oder Inspiration, die mir weiterhilft.

Natürlich war während dem Lockdown auch Adrienes Kanal eine große Stütze für viele Menschen die zuhause saßen und keine andere Möglichkeit hatten sich fit zu halten. Als mein Fitness-Studio schloss und vermutlich eine Menge Menschen in eine „Was soll ich nur ohne das Gym tun?“-Krise stürzte, war mir klar, dass dieser Zustand länger anhält und deshalb Kreativität gefragt ist. Neben meinem geliebten Strong-Training wusste ich, es ist die Chance schlechthin, wieder mehr Yoga in mein Training zu integrieren und an ein paar Asanas und meiner Flexibilität zu arbeiten. Was soll ich sagen, seitdem kann ich immerhin einen etwas instabilen, hässlichen Kopfstand 😉 es ist also nie zu spät etwas Neues zu lernen… aber Spaß beiseite, auch hier habe ich konsequent jeden Tag mit einem Video von Adrienes 30-Tage-Playlists geübt. Sie hat mich bei Verstand und halbwegs fit gehalten. Vermutlich trifft auch das auf Millionen andere Menschen zu, denn während der Hochphase der Pandemie wuchs Adrienes Kanal und ihre Bekanntheit extrem stark.

Wenn das alles nun zu gut um wahr zu sein klingt und man verzweifelt nach einem Kritikpunkt bei Adriene sucht, dann vielleicht die Tatsache, dass es mir ein Rätsel ist, wie ihre Haare am Ende der Stunde immer noch perfekt sitzen und meine in alle Richtungen stehen, obwohl wir 30 Minuten lang dieselben Bewegungen gemacht haben und es keinen Schnitt im Video gab. Aber vielleicht bin auch ich hier das Problem oder Adrienes Haare und Haarprodukte sind einfach nicht von dieser Welt. Da Adriene im Gegensatz zu den überschminkten, nie schwitzenden Fitness-Influencer-Barbies wirklich einen positiven Einfluss auf Millionen von Menschen hat und das ohne irgendwelche fragwürdigen Produkte und Programme zu verkaufen, sei ihr diese kleine, unmenschliche Superkraft von Herzen gegönnt.

Für jedes Thema oder Lebenslage ein Video

Adriene ist wirklich das fleißige Arbeits-Bienchen unter den Fitness-Influencern. Über 660 Videos in 10 Jahren bedeutet im Schnitt gab es mehr als einmal in der Woche ein Video von Adriene. Das ist schon äußerst produktiv und eigentlich könnte sich Adriene entspannt zurücklehnen, denn die Videos werden ja immer und immer wieder geklickt, da der Inhalt bei Yoga selten veraltet. Natürlich sieht man auch bei Adriene eine Entwicklung von „Baby-Adriene“ vor 10 Jahren, hin zur heutigen Adriene. Dennoch ist sie im Gegensatz zu manch anderem Fitness-Guru sehr konsistent in ihren Aussagen und Lehrstil, die Videos altern also gut.

Aber für Adriene reicht das nicht. Neben dem konstant fließenden YouTube-Einkommen, dem Werbedeal mit Adidas und weiteren, lukrativen Einnahmequellen, ruht sich Adriene nicht auf ihrem Erfolg aus. Für so ziemlich jede Lebenslage findet sich ein Video auf ihrem Kanal und Adriene kuratiert daraus jeden Monat eine neue Playlist zu einem bestimmten Thema und stellt dazu gratis einen Kalender der Playlist auf ihre Website. Man kann also jeden Monat eine neue Playlist abspielen und eigentlich unendlich viel Yoga mit Adriene machen. Wenn man also nicht schon von Anfang an Adrienes Seite war und wirklich jedes Video konsequent durchgezogen hat, ist es fast unmöglich, dass einem die Videos bei Adriene jemals ausgehen.

Trotzdem lädt Adriene fleißig, meist sonntags, neue Videos hoch. Der Rhythmus ändert sich von Zeit zu Zeit, aber es gibt immer wieder neue Inhalte von ihr. Natürlich könnt ihr nach einigen Videos sagen „Aber Mel, Adriene macht doch irgendwie immer das gleiche!“. Ja, das stimmt. Adriene wird die „Standard-Posen“ sicher nicht neu erfinden und gewisse Asanas folgen nun mal im Flow aufeinander. Als geduldiger Yogi weiß man allerdings, dass es durchaus Sinn macht bestimmte Asanas immer wieder zu praktizieren und die Übung zu vertiefen. Trotzdem weiß ich es zu schätzen, dass Adriene immer wieder einen kleinen persönlichen Twist in bestimmte Posen bringt oder die Asanas passend zur Stimmung oder dem Motto des Videos auswählt.

Die 30 Tage Yoga Journey – keine Challenge

Adriene war auch Vorreiter was die heute allgegenwärtigen 30 Tage Challenges betrifft. Allerdings gibt es auch hier wieder ein paar angenehme Unterschiede zu anderen Yoga- oder Fitness-Challenges. Dies fällt schon bei der Bezeichnung auf, denn statt Challenge nennt Adriene ihre Playliste Journey, also Reise. Challenge finde ich im Zusammenhang mit Yoga generell unpassend. Yoga ist kein Wettbewerb, auch nicht mit sich selber. Es geht nicht darum sich wie eine Brezel zu verbiegen oder sich selber fertig zu machen, wenn man an einem Tag komplett unflexibel oder wackelig ist. Journey passt deshalb sehr gut, weil hier wirklich der Weg das Ziel ist. Spätestens nach 30 Tagen sieht man selbst als blutiger Yoga-Neuling echte Fortschritte, was Balance und Flexibilität betrifft. Das Wort Challenge schreckt eher ab, Journey lädt auch Anfänger ein, sich an Yoga heranzuwagen.

Für Adrienes treue Online-Community, zu der auch ich mich zähle, ist die 30 Tage Yoga Journey jeden Januar inzwischen eine liebgewonnene Tradition geworden, auf die ich mich bereits im Dezember freue.

Die Journey startet offiziell jedes Jahr am 01. Januar, allerdings ist Adriene auch hier wieder sehr sanft und gnädig mit uns, denn das erste Video ist keine Yoga-Stunde, sondern eine Einführung bzw. Einladung zur neuen Journey. Alle die also noch etwas geschädigt von Silvester sind, können aufatmen, auf die Matte geht es erst am 02. Januar. Auch das finde ich äußerst sympathisch, denn sind wir mal ehrlich, auch wenn man an Silvester nicht sprichwörtlich feiert, als ob es kein Morgen gäbe, wer hat denn schon am 01.01. Lust auf Sport oder Yoga. Ich starte das neue Jahr üblicherweise auch lieber entspannt, gemütlich und faul.

Bei jeder neuen Journey sieht man, wie viel Arbeit und Aufwand dahinter stecken. Adriene wählt jedes Jahr eine neue Location, ein neues Oberthema und dreht 30 neue Videos mit passenden Unterthemen. Sie macht sich wirklich viele Gedanken zur Reihenfolge der einzelnen Videos und dem Aufbau der Yoga-Sequenzen, damit die komplette Journey Sinn macht und sich harmonisch zusammenfügt. Insbesondere Anfänger-Yogis, sollten am Ende der Reise feststellen, dass Adriene einen 30 Tage lang an die virtuelle Hand genommen und man dadurch echte Fortschritte gemacht hat.

Auf ihrer Website stellt Adriene jedes Jahr kurz vor dem Start den Kalender zur Journey bereit, was ich als sehr organisierter Mensch liebe, da ich gerne weiß, was auf mich zukommt. Im Januar veröffentlich sie dann jeden Tag ein neues Video und im Anschluss ist die komplette Journey als eigene Playlist auf YouTube gratis verfügbar. Natürlich kann es sein, dass euch eine Journey nicht besonders gefällt. In diesem Fall gibt es auch hier zwei perfekte Alternativen. Entweder könnt ihr euch einfach eine andere Playlist der letzten 30 Tage Journeys heraussuchen oder ihr wählt eine ihrer monatlichen Playlisten zu einem bestimmten Motto. Die Videos der Monats-Playlists sind allerdings nicht speziell dafür gedreht, sondern nur zu einem Thema zusammengestellt.

Mein persönlicher Favorit der letzten Jahre war „Home“. Als ob es Adriene geahnt hätte, hat dieser Titel ironischerweise etwas Prophetisches und ist im Zusammenhang mit der Pandemie leider schlecht gealtert. Nun, Adriene konnte aber auch wirklich nicht ahnen, dass wir alle etwas mehr als ein Jahr später wirklich zuhause, also at „Home“ sitzen. Sehr lange und nicht ganz freiwillig. Trotzdem lege ich euch auch diese Playlist ans Herz. Ich habe sie während dem Lockdown wiederentdeckt, nachdem ich die damals aktuelle Januar Journey durchhatte und ich kann mir gut vorstellen, dass ich sie auch dieses Jahr noch einmal abspielen werde. Home gibt einem wirklich ein gutes, entspanntes Gefühl des Ankommens und war für meinen Geschmack genau das Richtige, um entspannt in ein neues Jahr zu starten.

CENTER (2023) – A 30 Day Journey

Die aktuelle Januar Journey heißt Center und die ersten Videos sind bereits online. Aktuell hänge ich ca. 2 Tage hinterher, aber das ist ok. Meistens schaffe ich die Playlist sowieso eher in 60 statt in 30 Tagen. Immerhin habe ich so ganze zwei Monate mit Adriene, was man auch als Vorteil betrachten kann. Die Videos sind im Schnitt zwischen 20 und 30 Minuten lang, also absolut machbar und gut in den Alltag einzubauen. Bis jetzt finde ich die neue Journey sehr gelungen und bin gespannt was sich Adriene noch alles einfallen lassen hat.

Wem die Journey nicht gefällt, der hat immerhin eine sehr große Auswahl an älteren Playlisten. Ich kann euch an dieser Stelle neben „Home“ auch „Move“ empfehlen. Wie bereits erwähnt, mochte ich „Home“ wirklich sehr, aber am Ende ist es, wie mit allem, einfach nur Geschmacksache, ob die Journey euch anspricht oder nicht. Klickt euch durch ihren Kanal, es sollte wirklich für jeden Geschmack etwas dabei sein.

Am Ende habe ich noch zwei Tipps, damit ihr startet, dranbleibt und es keine Belastung für euch wird. Zum einen könnt ihr die Videos ganz einfach in eure Mittagspause integrieren. Insbesondere im Homeoffice und generell für Büro-Jobs ist die kleine Auszeit für den Kopf und das Stretching nach dem stundenlangen Sitzen einfach nur perfekt. Selbst im Büro braucht ihr nicht mal eine Matte, wenn ihr spontan in eurer Pause ein Video mitmachen möchtet.
Zum anderen bitte ich euch, setzt euch nicht unter Druck, aber bleibt dran, denn es lohnt sich! Macht die Playliste in eurem eigenen Tempo und werft nicht gleich das Handtuch, wenn ihr an einem Tag keine Zeit habt. Manchmal fühlt man sich einfach nicht nach Yoga. Wenn allerdings aus einem Tag mehrere Tage werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man nicht mehr weitermacht. Deshalb sind zwei, drei Tage Pause ok, aber danach zwingt euch im Zweifelsfall auf die Matte, ihr werdet es nicht bereuen. Ich habe mich nach einer Yoga-Stunde NIEMALS schlechter als vorher geführt, auch wenn ich selber schon die ein oder andere Stunde hatte, in der ich kraftlos, müde und unmotiviert auf der Matte lag.

Ich hoffe ich habe euch überzeugt, dass Adriene einfach nur toll ist und ihr zumindest für eine Yoga-Stunde mit ihr auf die Matte springt, um zu sehen, ob sie auch eure neue beste virtuelle Freundin wird.

2 Comments

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert